MS Caminante » Vorderdeck

Das war sie also, die Reisegruppe mit dem vielen Gepäck... Teo wischte sich den Schweiß von der Stirn und kaute nachdenklich auf ihrem Kaugummi. Sie hatte ein ungutes Gefühl, wenn sie diese Städter - und es waren bestimmt Städter, sie bewegten sich wie welche und sahen auch wie welche aus - so betrachtete. Es hing nicht nur an dem ganzen Kram, der schon gestern abend angeliefert worden und mühsam auf der MS Caminante untergebracht worden war, auch wenn Teo wusste, dass niemand mit soviel Gepäck nach Atempo wollte, um da eine Tupperwareparty zu schmeißen. Sie hatten ihr nicht so genau verraten, warum sie zum Handelsposten wollten - wie sollte sie das nicht nervös machen? Nur eigene Geheimnisse waren gute Geheimnisse, vor allem zu dieser Zeit.
Energisch pustete Teo sich ein paar platinblonde Strähnen aus der Stirn. "Ich geh mal Hallo sagen", rief sie über ihre Schulter in Richtung Kajüte, ignorierte die Gangway und schwang sich stattdessen kurzerhand über die Reling.

tbc: Pier für kleinere Transport- und Passagierschiffe

cf: Pier

Uff, so über dem Wasser zu gehen mit nur wenigen Zentimetern Material zwischen Sicherheit und platsch-ihr-Rucksack-ist-im-Wasser hat doch für ein wenig Herzklopfen gesorgt. Und so war Viktoria doch ziemlich erfreut, endlich wieder halbwegs festen Boden unter den Füßen zu haben.
Viktoria drehte sich zu Amber um. "Ach, von hier oben, sieht es doch gar nicht so übel aus." Oder so, zum Beispiel wenn man richtig auf das Meer sah. Und das hatte sie vorher gar nicht so richtig in Augenschein genommen.
"Mmmh." Für einen kurzen Moment schloss Viktoria ihre Augen. "Atme mal tief durch, dieser salzige Geruch, leicht mit Fisch und Rost durchmengt," Viktoria grinste. "Das riecht doch sehr nach Abenteuer. Meinst du nicht auch?"

cf: Pier

Rost! Genau das war ja das Problem. Amber ging hinter Viktoria her und war froh, als das brackige Wasser unter ihr dem Schiffsdeck wich. Doch von nahem sah das Boot auch nicht wirklich besser aus. Hier ein überstrichener Rostfleck, dort abgeplatzte Farbe. Der Kahn hatte definitiv schon bessere Tage erlebt.

Aber sie würde ihm eine Chance geben. Hatte ja gar keine andere Wahl. Das Wackeln hielt sich hier im Hafen zum Glück noch in Grenzen, aber sie wollte noch gar nicht daran denken, wie es auf der offenen See sein würde. Sie hoffte inständig, dass sie nicht seekrank werden würde. Der Fischgeruch half nicht wirklich bei diesem Vorhaben. Als Viktoria sich zu ihr umdrehte und meinte, dass es von hier oben gar nicht so übel ausschaute, zog Amber eine Augenbraue hoch und lächelte gequält. "Heißt das, du hast schon schlimmere Boote gesehen?" Immerhin hatte sie das überlebt, wenn es so war. Das ließ Amber hoffen.

Die Doktorantin schien das hier wirklich zu genießen. Abenteuer? Hatte Abenteuer einen Geruch? Und wenn ja, warum nicht Channel No. 5? "Nach Abenteuer? Ähm... klar, wenn du meinst. Ich finde es riecht nach einem kalten, glitschigen Grab." Das was Viktoria an Optimismus an den Tag legte, konterte Amber mit Pessimismus, aber man musste ja schließlich die Balance halten, oder? Sie grinste schief und deutete aufs Wasser. "Aber das Meer sieht echt toll aus." So unverstellt mit einem alten Schiff.

Viktoria nickte eifrig: "Oh ja, da war die Pumpe ohne Pause in Arbeit." Sie pustete sich etwas ungeduldig über ihre eigene Ungenauigkeit eine Strähne aus der Stirn. "Also, dass sind die immer, aber wir hatten auch Eimer in der Hand. Das war etwas unangenehm. Aber auch da sind wir heil angekommen, das war auf dem Amazonas. Der Führer erzählte uns, dass Krokodile die Lecks ins Boot gerissen hatten. Aber ich glaube ihm das nicht. Das war sicherlich nur eine Spukgeschichte, ich glaube nicht einmal, dass es dort überhaupt Krokodile gibt."
Fröhlich grinst sie Amber zu und richtete dann ihren Blick auch aufs Meer und lächelte vergnügt. "Du hast völlig Recht. Wirklich schön. Und wenn man bedenkt, was man noch alles für Sachen im Meer finden kann. Die ganzen gesunkenen Schätze, die ganzen Informationen die wir über Kulturen herausfinden könnten." Sehnsüchtig seufzte Viktoria. "Aber leider habe ich keinen Taucherschein."

Amber runzelte skeptisch die Stirn. Viktoria erzählte das so, als wären sie auf dem See im Park gewesen und nicht wirklich in Lebensgefahr... auf dem Amazonas! Mit Krokodilen und Anacondas und wer weiß nicht was noch alles. Im Gegensatz zu Viktoria glaubte Amber nämlich schon, dass es im Amazonas Krokodile gab. Sie ließ sich aber nicht weiter davon beirren, sondern ging die paar Schritte bis zur Reling auf der anderen Seite, von woaus sie geradewegs nach unten in das klare Wasser schauen konnte. "Ich war ein paar mal schnorcheln, aber nen richtigen Tauchschein hab ich auch nicht." Das Wasser sah ganz ruhig aus. Man konnte bis zum Grund schauen, obwohl sie im Hafen waren. "Aber nen Schatz finden klingt gut." Sie grinste in Viktorias Richtung. "Wenn sich unsere Vermutung als falsch herausstellt, können wir das ja stattdessen machen." Und zwischendurch ausgiebig am Strand liegen und faulenzen. Ja das klang nach einer guten Idee.

Viktoria lachte amüsiert auf. Wie einfach sich das anhörte, als könnte man einfach mal entscheiden, dass man halt wo anders herumforscht. Komisch, dass gerade die Tochter des Professors nicht wußte, wie viel Zeit langatmige Prüfungen der Lage, der Information und nicht zuletzt der Finanzen kosteten. Besonders Finanzen, solche Expeditionen waren oft sehr kostspielig und da musste man schon einige Sponsoren finden. Und wo? Auf vielen gesellschaftlichen Terminen. Nein, darum beneidete sie den Professor gar nicht.
Und gar nicht zu schweigen, was es sie kosten würde, wenn sie auf ihrer jetzigen Expedition nichts finden würden. Eine Blamage, ohnesgleichen! Nun Viktoria stand den Begleitumständen zwar leichtfertig gegenüber, aber den Fund, die Forschung an sich nahm sie doch sehr ernst. Es stand einfach verdammt viel auf dem Spiel! Amber schien da etwas Naivität zu beweisen.
Für einen kurzen Moment runzelte Viktoria ihre Stirn. Nun ja, sie hatte ja auch schon lange das Gefühl, dass Amber nicht so richtig intensiv studierte.
"Naja," und dehnte das Wort fast übernatürlich lang. "Wir werden natürlich erstmal sehr sehr gründlich forschen."

Das klang in Ambers Ohren leider nach 'sehr sehr lange im Matsch buddeln', aber sie machte gute Miene zum bösen Spiel und nickte. "Natürlich. Ich glaub auch nicht wirklich, dass unsere Vermutungen falsch sind." Immerhin hatte ihr Dad die mit aufgestellt. Er war zwar manchmal etwas... seltsam, wenn man sie fragte, aber erstens fragte sie niemand und zweitens hatte er sowas hier schon öfter gemacht: Geld für Expeditionen besorgt, die Reise geplant, Nachforschungen angestellt yadda yadda yadda. Alles so langweiliger Kram halt und darum würde das diesesmal bestimmt auch was werden. "Sollen wir mal nach dem Gepäck schauen?" Immerhin waren da ja womöglich noch ihre Sneakers in Bedrängnis, die es zu retten galt.

Viktoria stellte zufrieden fest, dass Amber ihr Recht gab. Sie wirkte dabei sogar sehr ernsthaft. Wobei sie beim Einschätzen von Menschen noch nie so gut war. Jedenfalls nicht bei lebendigen. Hoffte sie.. Naja.
"Das ist eine gute Idee," Denn kaum hatte Amber das Gepäck angesprochen, fühlte sich ihr Rucksack schon um einiges schwerer an. Das war genauso wie beim zum Klo gehen, kurz vorher musste man immer am dringendsten.
"Wahrscheinlich hier." Mit entschlossenem Schritt ging Viktoria auf die Aufbaut zu, die konnte ihr allerdings nur einen kritischen Blick entlocken, das wirkte alles bereits ziemlich voll. "Musst du da heran?" Zweifelnd warf sie Amber einen langen Blick zu. Das Gepäck sah bunt zusammen gewürfelt aus, hoffentlich ging dabei nichts kaputt. Es würde sicherlich Tage, wenn nicht Wochen brauchen, Gerätschaften nachzubestellen.

Amber reckte den Hals und warf einen Blick in die Luke. Nach irgendnem System sah das nicht aus, eher nach einem optimistischen 'das passt schon'. Sie schluckte. Aber wirklich was kaputtgehen konnte bei ihr eigentlich nicht. Die empfindlicheren Sachen waren in ihrem pinken Hartschalenkoffer, der Rest, den sie in ihrer Louis Vitton Reisetasche hatte, musste da jetzt einfach durch und ihr Geld, die Papiere und was sonst noch ständig griffbereit sein sollte, war eh in ihrer (etwas kleineren) Umhängetasche stets an ihrer Seite. "Wenn ich es mir recht überlege, besser nicht." Wenn sie da jetzt herumkramte ging wahrscheinlich wirklich noch was kaputt. "Meinst du dein Gepäck passt da noch rein?"

Viktoria lachte leise auf. Genau diese Antwort hatte sie erhofft. Denn die Sachen hier nach einander herauszuziehen würde sicherlich nur dazu führen, dass sie danach nicht mehr hereinpassten.
"Ich denke, ich probier es lieber hinten aus." Leichthin zuckte sie mit den Schultern: "Wenn es hier ein System geben sollte, würde ich das ungerne durcheinander bringen."
Viktoria strich sich nachdenklich eine Strähne aus der Stirn. "Könntest du hier bleiben und jemanden von der Crew abpassen? Vielleicht soll mein Zeugs ja doch hier herein.."
Sie wartete die Antwort jedoch nicht lange ab und machte sich auf die Suche nach einem geeigneteren Stauraum.

tbc: Hinterdeck

Ja, wenn. Amber hatte da keine große Hoffnung, aber das war ja auch egal. Vielleicht war im hinteren Bereich des Schiffs ja noch etwas Platz. "Viel Glück." Sie nickte auf Viktorias Bitte hin und drehte sich in Richtung der Planke um, als sie von da Geräusche wahrnahm. Es schien so, als ob das Herumstehen am Pier den anderen auch zu langweilig geworden war und die nun nach und nach auch aufs Schiff kamen. Dann dauerte es wohl nicht mehr lange, bis sie ablegten.

cf: Pier

Gar nicht so einfach, eine Gangway mit geschlossenen Augen zu überqueren! Noch dazu, wenn man eine schwere Reisetasche und einen Becher Kaffee balancieren musste. Irgendwie gelang Mercedes das Kunststück dennoch, und auch, wenn sie sich am liebsten vor Erleichterung gegen die Reling gelehnt und erst einmal durchgeatmet hatte, kam das ja jetzt gar nicht in Frage. Sie musste ihre Tasche verstauen und anschließend einen Platz finden, von dem aus sie nicht sah, wenn sie untergingen. Jawohl.
Mühsam lächelte sie Amber entgegen. Hatte dieses Mädchen vom Schiff nicht vorhin gesagt, das Gepäck käme hier irgendwo links hin? Etwas ratlos ließ sie die Tasche neben dem Aufbau nieder. Nun, sie sah nirgendwo Gepäck! Aber wenn es hier falsch war, würde das schon jemand dorthin packen, wo es hingehörte. Also stützte sie sich auf den Deckel, trank noch einen Schluck, um ihr pochendes Herz etwas zu beruhigen, und sah fast hilfesuchend zu Amber. "Kommt das Gepäck hierhin?"

cf Pier für kleine Transportschiffe

Als eine der Ursachen für die Geräusche, schloss Raymond hinter Mercedes zu seiner Tochter auf. Abgesehen von der knappen Begrüßung am Pier, hatte er ihr bisher nicht mehr Zeit widmen können als den übrigen Expeditionsteilnehmern. Und auch jetzt sah es nicht aus als würde sich daran etwas ändern.

Während er tief die schwüle Luft einatmete, die vom Wasser her zumindest etwas frischer als von der Landseite wirkte, knuffte er Amber in die Seite und begutachtete Mercedes, die einen angespannten Eindruck machte. Ein Grund dafür war ihm jedoch nicht ersichtlich.

"So lang, dass es darauf ankommt, ist die Fahrt ja nicht, oder?"